Als Frau alleine im Camper durch Kanada
Verrückt oder mutig? Als Frau alleine in Kanada. Als ich Kerstins Bilder auf Instagram verfolgte, war ich hin und weg. Erst recht, als ich von den Details ihrer Reise durch Kanada erfuhr, da wollte ich unbedingt mehr erfahren. Denn es reist ja nicht jeder als Frau alleine mit einem Camper durch Kanada, oder? Im Folgenden gibt sie Einblicke in ihre Erfahrungen und Erlebnisse.
Verrückt oder mutig? Als Frau alleine in Kanada
Ein Gastbeitrag von Kerstin alias Fräulein K unterwegs
Kanada ist ein wunderschönes Land. Aber es ist auch wirklich sehr groß und viel zu schade, um nur an einem einzigen Ort zu verweilen. Wer also etwas von diesem unglaublich facettenreichen Land sehen möchte, der hat eigentlich nur drei Möglichkeiten:
1. Ein Mietauto und feste Unterkünfte
2. Einen Camper mieten
3. Ein Mietauto und ein Zelt (im September wurde es dafür allerdings etwas zu kalt)
Ich habe lange überlegt und abgewogen und mich schlussendlich für den Camper entschieden, der mir deutlich mehr Freiheiten geboten hat und in der “Grundfinanzierung” auch noch günstiger war, als ein Mietauto und für jeden Tag ein Zimmer zu buchen.
Im September 2017 habe ich dann den großen Schritt gewagt und bin alleine in den Westen Kanadas geflogen. Den Osten kannte ich schon, deswegen fiel die Wahl dieses Mal auf den Westen. Drei Wochen sollte es mit einem Camper durch die wunderschöne Landschaft British Columbias und Albertas gehen. Den Entschluss diese Reise zu machen habe ich bereits 2016 gefasst und ab Januar 2017 gab es dann kein zurück mehr.
Als ich auf den Buchungsbutton für den Camper drückte lief im Radio gerade “bad ideas make the best memories” von Alle Farben. Ob es eine schlechte Idee war, würde sich bald herausstellen, dachte ich mir und buchte gleich noch die passenden Flüge von Frankfurt nach Vancouver und von Calgary zurück nach Frankfurt.
Warum macht Frau das? Alleine mit dem Camper durch Kanada
Die Frage, die mir sowohl vor der Reise, als auch während der Reise wohl am häufigsten gestellt wurde, war:
“Wie kommt man denn auf die Idee alleine mit dem Camper durch Kanada zu fahren?”
Hm, ja… warum macht man so etwas? Vielleicht war es ja wirklich ein wenig verrückt… Einer der Hauptgründe ist eigentlich recht offensichtlich. Ich bin alleine, deswegen reise ich auch alleine. Punkt. Natürlich könnte ich auch mit Freunden verreisen, aber da stimmten meist die Rahmenbedingungen einfach nicht.
Nach dem Entschluss nach Kanada zu reisen, habe ich zuerst tatsächlich einmal versucht jemanden zu finden, der vielleicht mit möchte, doch schon nach kurzer Zeit habe ich gemerkt, dass ich das eigentlich gar nicht will. Ich wollte keine Begleitung, ich wollte das ganz alleine schaffen. Einfach nur für mich, denn es war mein Traum. Also habe ich die Suche einfach eingestellt und mich auf meinen Single-Trip vorbereitet.
Wie hat mein Umfeld auf meine Entscheidung reagiert, dass ich alleine nach Kanada reise?
Die Reaktionen auf meinen Entschluss waren recht unterschiedlich. Es gibt wohl immer einen gewissen Prozentsatz, der nicht glauben kann, dass ich sowas wirklich mache. Aber der größte Teil der Reaktionen waren Faszination und Respekt. Oft wurde mir gesagt, wie mutig der- oder diejenige es findet, dass ich das ganz allein durchziehe. Bis zu diesem Zeitpunkt fand ich es eigentlich gar nicht wirklich mutig.
“Ungewöhnlich. Nicht Außergewöhnlich, aber doch sehr ungewöhnlich.”
Das waren die Worte der Dame beim Camperverleih, als ich alleine mit meinem Koffer dort ankam, um meinen Camper in Empfang zu nehmen. Ich habe mich dann immer gefragt, wären die Reaktion auch so ausgefallen, wenn ich ein Mann wäre? Vermutlich nicht. Als Frau ist es doch immer nochmal etwas anderes.
Welchen Camper habe ich für meine Reise gewählt?
Nachdem die Entscheidung feststand, dass ich die drei Wochen im Camper verbringen werde, war natürlich die große Frage: Welchen Camper nehme ich?
Ich habe lange überlegt, welcher Camper für mich als alleinreisende Camper-Anfängerin (Ja, das kam auch noch dazu, es war das erste Mal, dass ich überhaupt einen Camper fahren wollte) wohl am besten geeignet ist. Ich wollte etwas, dass nicht zu groß ist, denn der Respekt vor diesen großen Fahrzeugen war riesig und schließlich würde mir keiner helfen können.
Die Wahl fiel schließlich auf einen Truck-Camper. Der Camper war nicht zu groß (dachte ich) und irgendwie gab mir die Vorstellung, dass es ein Auto, besser gesagt ein Pick Up, war, etwas mehr Sicherheit.
Der Camper bot genug Platz für ein bis zwei Personen und war somit für mich als Einzelperson optimal, nur das “Bad” war etwas sehr klein. Im Nachhinein betrachtet, wäre wohl auch der noch etwas kleinere Van für mich genauso geeignet gewesen, aber der Truck-Camper hatte halt irgendwie noch den Coolness-Faktor. Damit hat er den Van geschlagen.
Ist es nicht einsam alleine mit dem Camper unterwegs zu sein?
Noch eine Frage, die ich oft gestellt bekommen habe, nachdem ich aus Kanada zurück war. War das nicht sehr einsam? Für mich war es das nicht. Ich bin ein Mensch, der sehr gut alleine sein kann (vielleicht kann ich auch zu gut alleine sein, wer weiß…). Natürlich ist es auch schön, sich einmal mit jemandem zu unterhalten, aber gebraucht habe ich das nicht.
Auf meiner Tour gab es so viel zu sehen und zu erleben, dass ich abends einfach viel zu müde war, um noch zu reden. Hätte ich Redebedarf gehabt, dann hätte ich auf den Campgrounds eigentlich immer jemanden gefunden. An einem Tag habe ich ein deutsches Paar an den Joffre Lakes kennengelernt. Da wir den gleichen Weg nach oben hatten, konnte ich mich den beiden anschließen und hatte so einen sehr schönen Tag, ganz und gar nicht alleine und mit vielen netten Gesprächen. An einem anderen Tag hatte ich einen sehr schönen Abend, mit einem anderen deutschen Paar auf dem Campground von Lake Louise. Wenn man es möchte, dann findet man recht leicht Kontakt.
Gehen manche Dinge nicht besser zu zweit?
Vielleicht war es etwas naiv gedacht, aber ich hatte mir vorher nicht so viele Sorgen darum gemacht, dass ich etwas vielleicht nicht hinbekommen könnte. Irgendwie geht es schließlich immer weiter. Mit dieser Einstellung hatte ich dann auch tatsächlich erstaunlich wenig Probleme, in den drei Wochen.
Den Camper zu fahren war glücklicherweise sehr einfach. Sogar einfacher, als ich vor meiner Reise gedacht hatte. Davor braucht wirklich niemand Angst haben. Hier gab es eigentlich nur einen Moment, in dem ich wirklich in Panik geraten bin. Hier wäre vielleicht wirklich jemand gut gewesen, der mich beruhigt hätte. Nämlich als ich während der Fahrt aus versehen die Außenspiegel eingeklappt habe. Während der Fahrt ließen sich diese dann aber nicht mehr ausklappen (oder ich habe einfach nicht den richtigen Knopf gefunden in meiner Panik) und ich fuhr somit einige Minuten im Blindflug. Aber sonst lief alles gut und sich verfahren, das passiert den Besten mal.
Was zu zweit natürlich deutlich einfacher gegangen wäre, ist das rückwärts Einparken mit dem Camper. Sogar in der Beschreibung des Campers steht, man soll nur mit einem “Einweiser” rückwärts fahren. Nun ja, das ist schwierig wenn man alleine ist. Nicht bei jedem Stellplatz kann man vorwärts rein und dann auch vorwärts wieder raus fahren. Ehrlich gesagt war das bei den wenigsten Campgrounds, die ich besucht habe, der Fall. Was also tun? Rangieren! Mit etwas Übung klappt es auch alleine den Camper über die Spiegel irgendwo einzuparken. Ich habe mir außerdem, wenn möglich, immer Plätze gesucht die etwas großzügiger waren. Wenn es gar nicht geht, fragt man eben einen netten Kanadier oder Touristen, ob er / sie kurz helfen könnte. Auch das war nie ein Problem.
Nur einmal habe ich, sehr zur Belustigung einer chinesischen Reisegruppe, beim rückwärts fahren eine Laterne mitgenommen. Ich hab sie einfach nicht gesehen. Peinlich, peinlich. Wie sich herausstellte war ich aber nicht die Erste der das passiert ist. Diese Laterne wird wohl öfter umgefahren.
Aber gab es etwas, das ich wirklich nicht alleine hinbekommen habe? Ja! Feuer machen. Das war irgendwie doof. Schließlich wird oft gesagt, dass so ein Lagerfeuer zu einem Kanadaurlaub gehört. Aber ich habe es absolut nicht geschafft Holz zu hacken. Außerdem fand ich es auch zu aufwändig für mich alleine. Ein Lagerfeuer ist wohl eher etwas für zwei und mehr Personen.
Hatte ich Angst alleine mit dem Camper unterwegs zu sein?
Angst? Vielleicht ein bisschen. Meist war es eher ein mulmiges Gefühl. Es wäre gelogen zu behaupten, dass ich völlig unbesorgt durch die Gegend getingelt bin. Der Typ Mensch bin ich einfach nicht. Tatsächlich bin ich eher ein Angsthäschen. Gerade im Dunkeln (auf dem Weg zum Waschhäuschen) habe ich mich öfter gefragt, was mich geritten hatte, das überhaupt zu machen. Dabei habe ich mein Taschenlampe wie wild hin und her geschwenkt, um ja nicht zu verpassen, wenn der (eingebildete) Bär im Dunkeln plötzlich aus dem Gebüsch springt…
Auch bei meinen Wanderungen, die ich meist recht allein auf weiter Flur verbracht habe, lief immer ein wenig Sorge mit. Schließlich war ich in der Wildnis unterwegs und wer konnte schon wissen, was in den Tiefen des Waldes darauf wartete, mich anzuspringen. Generell hatte ich mir die meisten Sorgen wegen der frei lebenden Tiere gemacht. Aber ich gebe zu, obwohl ich mich auf den Campgrounds eigentlich sehr gut aufgehoben gefühlt habe, habe ich jede Nacht den Putzeimer und den Besen innen vor die Tür gestellt, zusätzlich zum Abschließen der Tür. Sollte also jemand die Tür öffnen, würde er erstmal über den Eimer fallen und den Besen auf den Kopf bekommen. Blöd, ich weiß, aber es bescherte mir einen ruhigen Schlaf. Manchmal muss man sich eben selbst austricksen.
Als Frau alleine mit dem Camper durch Kanada. Würde ich es wieder tun?
Zugegeben, nachdem mir viele Leute gesagt haben, dass sie es extrem mutig finden, dass ich alleine nach Kanada reise, war mir zu Anfang dann doch etwas flau und ich stellte mir die Frage, ob ich das wirklich schaffe. Doch neben “Bad Ideas” von Alle Farben, hatte ich noch ein zweites Lied, das mich die ganzen drei Wochen meines Trips über begleitet hat. “Sowieso” von Mark Forster.
“Egal was kommt, es wird gut, sowieso”
Und genau so war es auch. Es wurde nicht nur gut, es wurde besser, als ich es mir vorher ausgemalt hatte. Ich habe unglaublich viel erlebt und dadurch war überhaupt keine Zeit, um sich wirklich einsam zu fühlen. Mir haben auch die ruhigen, einsamen Gegenden wesentlich besser gefallen, als die Orte, an denen viele Menschen unterwegs waren. Deswegen habe ich auch die Morgenstunden geliebt, hier war ich meist ganz alleine unterwegs und das hat einfach so gut getan.
Ich habe gelernt, dass es (zumindest während der Tour mit dem Camper) eigentlich nichts gab, dass ich nicht irgendwie alleine hinbekommen hätte. Manchmal wäre es zu zweit (oder als Familie) vielleicht schneller oder leichter gegangen, aber es geht eben auch alleine, wenn man will.
Natürlich muss man dafür auch ein bisschen der Typ sein und die Herausforderung annehmen.
Durch die super Einweisung, die ich bei der Abholung meines Campers bekommen habe, habe ich mich mit meinem “Ungetüm” von Anfang an sicher gefühlt und hatte wegen der Fahrerei danach auch gar keine Bedenken mehr, selbst die Fähre nach Vancouver Island war gar kein Problem.
Würde ich wieder alleine eine Roadtrip mit dem Camper machen?
Wenn sich die Gelegenheit ergibt ganz sicher.
Kerstin schreibt auf ihrem Blog über ihre Reisen, inspiriert dich oder weckt vergessene Erinnerungen. Neben weltweiten Reisen steht auch das Thema Fotografie im Vordergrund. Schau unbedingt mal bei Kerstin vorbei!
Facebook: Kerstin Schleer Photography
Vielen Dank Kerstin, für den tollen Einblick in deinen Campingtrip! Wir freuen uns, dass du die Zeit genommen hast, um uns einen Einblick in deine Reise zu geben.
Was sagst du zu Kerstins Route alleine als Frau mit einem Camper durch Kanada zu reisen? Wär das was für dich? Lass uns an deinen Gedanken teilhaben.
Offenlegung | * Link zum CUCamper Partnerprogramm. Bei einer Buchung über diese Links gibt es für uns eine kleine Provision. Für dich bleibt der Preis selbstverständlich unverändert.
Hallo Kerstin,
dein Bericht über deine Reise als Frau alleine durch Kanada ist einfach super!!
Seit vielen Jahren beschäftige ich mich ebenfalls mit diesem Thema. Doch bisher
war immer jemand da, der mit mir gereist ist. Da dies ab nächstem Jahr nicht mehr
so ist, ich aber deshalb auf Kanada nicht verzichten möchte, plane ich (in meinem
Kopf) ebenfalls, eine Reise alleine zu machen. Außerdem habe ich mir vorgenommen,
dies bis 65 Jahre (nächstes Jahr werde ich 60) zu machen. Da ich also nicht jünger
werde, sollte ich mir diese Reise sehr bald vornehmen.
Dein Bericht baut mich dafür auf und macht mir Mut, dass auch alleine zu schaffen.
Die Einsamkeit wird mir vllt. etwas zu schaffen machen. Keine Unterhaltung zu führen,
über das, was man erlebt und toll findet. Aber im Zeitalter des Smartphones kann man
sich ja über WhatsApp mitteilen und sogar kostenlos telefonieren.
Ich bin mir allerdings noch nicht im klaren darüber, welche Reiseart ich wähle.
Deine Bilder sind auch toll.
Mache uns Frauen bitte noch mehr Mut für solche Reisen.
Vielen Dank dafür.
LG Birgit
Hallo Kerstin, eine wunderschöne Reise. NEIIID!
Ich überlege mir schon seit Jahren, dass auch zu machen. Ich bin 2014 alleine mit dem PKW durch Florida gefahren. Da ich auch sehr gut alleine sein kann, dachte ich mir, daß kann ich . Es hat auch alles wunderbar funktioniert, problemlos! Aber es war schon verdammt einsam. Deswegen habe ich diese Reise nicht gewagt, obwohl es mein großer Traum ist.LG. Sabine
Ein toller Beitrag und super gemacht Kerstin.
Nächstes Jahr werde ich das genau so machen von der Zeit etwas länger drüben verbringen.
LG Hermann
Toller Artikel. Ich werde gerne mehr von dir lesen.
Und zu Frage wegen dem Bären: falls einer angreifen sollte könnte man ihn wohl auch zu zweit nicht überwältigen.
Echt toller Beitrag von Euch beiden!
Kerstin, ganz großer Respekt, dass Du alleine losgezogen bist. Ob das als Frau nochmal anders ist, kann ich nicht einschätzen. Aber ich habe mich bisher nicht durchringen können, einen Roadtrip in den Rockies zu machen. Im Hinterkopf wäre mir doch immer zu mulmig, alleine durch die Berge und Wälder zu streifen. Was wenn ich alleine einem Bär begegne ? Vor dem Truck Camper hätte ich definitiv weniger Angst ;) Kommen noch weitere Artikel auf Deinem eigenen Blog ?
LG, Schwerti
Hallo Schwerti!
Vielen Dank
Vielleicht kannst du dich ja doch irgendwann durchringen. Es ist wirklich toll in den Rockies. Gegen die Bären hilft singen und klatschen ;) Mir war ja teilweise auch etwas mulmig, aber am Ende war es das alles Wert. Und Bären hab ich gar nicht gesehen ^^
Weitere Artikel kommen definitiv noch. Ich arbeite grad am nächsten. Es geht also sehr bald weiter :)
LG Kerstin